Kunst im öffentlichen Raum

„KÖR Kärnten“: online erleben / doživimo na spletu

AutorIn
Elisabeth Genser
Erschienen in der BRÜCKE Nr. 44 Kunst im öffentlichen Raum, also von öffentlichem Interesse, ist für jede:n sichtbar und geschieht allgegenwärtig, zuweilen auch dort, wo sie am wenigsten erwartet wird. Sie ermöglicht, kreative Ausdrucksformen jenseits traditioneller Rahmenbedingungen, zufällig sowie bewusst als auch unbewusst wahrzunehmen. Diese Kunstform erreicht Menschen im Alltag und spricht nicht nur ein kunstinteressiertes Publikum an. Der öffentliche Raum war seit jeher ein Ort für die Errichtung von Denkmälern und Gedenkstätten – ein Raum, der Erinnerung, Kunst, Tradition, Geschichte, Mythologie und Politik miteinander verknüpft. Historisch gesehen dienten imposante Denkmäler oder Statuen, die öffentliche Plätze oder Parkanlagen zieren, oft als Instrument zur Vermittlung von Macht und Herrschaft. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff des öffentlichen Raumes gedehnt und lässt sich nicht mehr rein geografisch definieren. Er umfasst physische und virtuelle Bereiche und unterscheidet sich vom privaten Raum durch seine freie Zugänglichkeit für alle. Er fungiert als Schauplatz für soziale Interaktionen, wirtschaftliche Aktivitäten, politische Debatten und kulturelle Interventionen. Es ist unabdingbar, den öffentlichen Raum kontinuierlich sensibel und kritisch zu betrachten, da er einer ständigen Mutation unterliegt, zuletzt auch durch den Wandel der Bedürfnisse und Vorstellungen der Gesellschaft. Vor allem soziale und politische Themen rücken immer stärker in den Vordergrund der künstlerischen Praxis. Partizipation gewinnt dabei an Bedeutung: Die Öffentlichkeit wird durch Interviews, Workshops und Umfragen zunehmend in den künstlerischen Prozess miteinbezogen. Solche Ansätze stärken das Gemeinschaftsgefühl und ermöglichen eine aktive Auseinandersetzung mit der Umgebung, was zu einer Diversifizierung der Kunstform führt. Diese Entwicklung bricht mit traditionellen Vorstellungen von Kunst, die nicht nur betrachtet, sondern auch mitgestaltet werden darf und soll. Dadurch entsteht ein dynamisches Zusammenspiel zwischen Kunst, Kunstschaffenden und der Gemeinschaft. Die Beschäftigung mit dem öffentlichem Raum ist ein bewusster Prozess, den Künstler:innen wählen, um aus dem musealen Kontext herauszutreten und/oder sich gezielt in einem öffentlichen Raum auszudrücken. Dieser Schritt initiiert einen nicht beeinflussbaren, aber dennoch intendierten Dialog zwischen Kunstwerk und Betrachter:in. Dabei wird die Entscheidung, Kunst aktiv (gewollt und innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens) zu konsumieren, dem Publikum abgenommen. Hinter dem Konzept der Zugangserleichterungen steht die Absicht, eine Sensibilisierung für künstlerische Phänomene zu schaffen und die Interaktion zwischen Kunst und Publikum zu fördern. Die Integration von Kunst in den Alltag schafft eine Brücke, welche die Wertschätzung und den Zugang zur Kunst erleichtert und intensiviert. Kunst im öffentlichen Raum ist mehr als nur eine ästhetische Bereicherung für ländliche oder urbane Räume. Sie ist ein vielschichtiger Prozess, welcher die Ästhetik der Umgebung, das soziale Miteinander und die Identität einer Gesellschaft maßgeblich prägt. Künstlerische Arbeiten reflektieren Besonderheiten des öffentlichen Raumes und integrieren diese in ihr Schaffen. Im Jahr 2017 entstand auf Initiative des Kulturgremiums in Kärnten die Webseite „KÖR Kärnten – Kunst im öffentlichen Raum“. Diese Plattform bietet ein umfassendes Archiv an Projekten, die nach 1945 im oder für den öffentlichen Raum entstanden und/oder generiert wurden. Sie fördert das Bewusstsein für die Vielfalt öffentlicher Kunst, einschließlich Skulpturen, Architektur, Installationen, Interventionen, Partizipationen und Performances usw. Durch die Dokumentation dieser Projekte wird die Geschichte der KÖRInitiativen in Kärnten festgehalten und ein Dialog über den gesellschaftlichen Wert angestoßen. Während viele öffentliche Kunst als Bereicherung und Inspiration schätzen, empfinden andere sie als „aufdringlich“ oder provokant. Ihre Wirkung und Präsenz konfrontiert, regt zur Reflexion an. Die Homepage „KÖR Kärnten“ erhöht die Sichtbarkeit der Kunst im öffentlichen Raum Kärntens und lädt dazu ein, über ihre Bedeutung nachzudenken. Neben der Dokumentation bestehender Kunstprojekte bestärkt „KÖR Kärnten“ neue Initiativen. Sie bewahrt neben permanent installierten Kunstwerken auch temporäre künstlerische Interventionen und Projekte sowie Aktionen von kurzer Dauer. Auf diese Weise wird allen künstlerischen Ausdrucksformen im öffentlichen Raum ein Platz für die „Ewigkeit“ gegeben. Die „KÖR Kärnten“-Webseite kann ebenso als eine interaktive Landkarte verstanden werden, über die künstlerische Interventionen entdeckt werden können. Sie ist eine wertvolle Orientierungshilfe und Inspirationsquelle für Kunstprojekte, Künstler:innen, Wettbewerbe im Bereich „Kunst am Bau“, Förderrichtlinien und aktuelle Diskurse. Zudem ist die Webseite offen für Anregungen zur Weiterentwicklung und informiert die interessierte Community regelmäßig über Neuigkeiten aus der Welt der Kunst im öffentlichen Raum. Durch ihr Engagement trägt „KÖR Kärnten“ zur Förderung der Kärntner Kunst- und Kulturlandschaft bei und ermutigt dazu, unsere Umgebung aus neuen Perspektiven zu betrachten und das Potenzial von Kunst im öffentlichen Raum immer wieder aufs Neue zu erleben. ● Elisabeth Genser Mitarbeiterin der Abt. 14 – Kunst und Kultur, zuständig für den Bereich Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau. ● Carina Lach Mitarbeiterin der Abt. 14 – Kunst und Kultur.

Öffentlicher Raum = Politischer Raum

AutorIn
Andreas Krištof
Ein Essay von Andreas Krištof,  erschienen in der BRÜCKE Nr. 39 Öffentlicher Raum = Politischer Raum Öffentlicher Raum ist gleich politischer Raum. Durch die Protestmanifestationen von Occupy Wall Street, Gezi-Park, Tahrir-Platz und Majdan wurde diese Gleichung schlagartig aktuell und brachte damit den öffentlichen Raum und mit ihm den Platz als Brennpunkt des urbanen Lebens wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurück. Die kontinuierlichen Demonstrationen in Israel gegen die geplante Justizreform haben es neuerlich bestätigt. Protest als unmittelbarste Form politischer Artikulation und Manifestation ist essentieller Bestandteil öffentlichen Raumes. (mehr …)

Diskurs | Die Kunst kommt zu den Menschen

AutorIn
Sonja Horak
Ein spannendes Interview zu Kunst im öffentlichen Raum und wie diese ganze Stadtteile aufwerten kann, erzählt Lisa Ortner-Kreil dem Standard in: "Die Kunst kommt zu den Menschen" (Der Standard, 18.November 2020). (mehr …)

Öffentlichkeit. Wer hat das Sagen?

AutorIn
Anna Schober-de Graaf
„Öffentlichkeit“ meint die Straße, aber auch die Bühne der Politik und damit die Medien. „Das Private“ verweist auf die Wohnung und andere Rückzugsräume, auf Zonen des Körpers, aber auch auf Privatbesitz. „Öffentlich“ und „privat“ stehen sich aber nicht nur gegenüber: Das Private kann auch veröffentlicht und politisiert, das Öffentliche privatisiert werden. (mehr …)

Kennst du die Regeln?

AutorIn
Martin Fritz
Der öffentliche Raum ist kein Freiraum. Er sollte jedoch frei von Willkür sein. Denn eine der entscheidenden Trennlinien zwischen den Räumen, die im Eigentum der Allgemeinheit stehen, und jenen im Privateigentum ist der Umstand, dass der private Raum keinem geregelten Verfahren unterworfen ist, um Benutzung zu gestatten oder zu verbieten. Wahrhaft öffentliche Räume hingegen sind geregelte, von öffentlichen Stellen verwaltete Räume. Die an der Verwaltung Beteiligten üben dabei immer nur jenen Teil der Macht aus, der ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zukommt. (mehr …)

KUNST MUSS.

AutorIn
Wendelin Pressl
Unlängst wurde ich eingeladen, eines meiner Kunst-im-öffentlichen-Raum-Projekte am Institut für Raumgestaltung der TU Wien vorzustellen – es handelte sich um die Arbeit „REVUE“ auf dem Wiener Fritz-Grünbaum-Platz aus dem Jahr 2010. (mehr …)

Bist du von hier?

AutorIn
Elina Kränzle
Kunst im öffentlichen Raum aus urbanistischer Perspektive Öffentliche Räume stehen unter Druck. Im Kontext einer neoliberalen Stadtentwicklungspolitik werden sie gewinnbringend kommerzialisiert, festivalisiert und privatisiert. Bahnhöfe, Straßen und Plätze werden als Teile eines Sicherheitstheaters verstärkt überwacht, demokratische Rechte wie das Versammlungsrecht werden regelmäßig eingeschränkt. Im Spannungsfeld von sozial ungleichen und diversifizierten Stadtgesellschaften fehlt in der neoliberalen Stadt eine Geografie der Öffentlichkeit, in der Unterschiede erfahren, Meinungen geäußert und Konflikte ausgetragen werden können. Auch Kunst im öffentlichen Raum wird in der Stadtentwicklung verwertet: Sie ist integraler Bestandteil von gewinnbringenden Projekten der Stadterneuerung und der Aufwertung von Stadtteilen, die vielfach in Gentrifizierung und damit in der Verdrängung ökonomisch schwächerer Bewohner_innen resultieren, statt deren Lebensbedingungen zu verbessern und zugleich die Quartiere in ihren sozialen Strukturen zu stärken. (mehr …)

Bist du verantwortlich?

AutorIn
Elisabeth Fiedler
Zur Institutionalisierung von Kunst im öffentlichen Raum Öffentlichkeit, öffentlicher Raum und Kunst im öffentlichen Raum sind Begriffe, die immer wieder neu zu hinterfragen, zu differenzieren und auszuloten sind. (mehr …)

Bist du Teil davon?

AutorIn
Claudia Büttner

Das Interesse an künstlerischer Arbeit im öffentlichen Raum ist ungebrochen. Die hier relevanten Aufgaben, gesellschaftliche Fragen, historische, wirtschaftliche und soziale Perspektiven reizen die Künstler_innen genauso wie der Dialog und die direkte Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen.

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Auf die Plätze/Na mesta

AutorIn
Andreas Krištof
2017 - Jahr der Kunst im öffentlichen Raum, Kärnten Fokus: Migration Spätestens seit Occupy Wall Street, Gezi-Park, Tahrir-Platz und Majdan ist der öffentliche Raum und mit ihm der Platz als Brennpunkt des urbanen Lebens wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückgekehrt. Waren die 90er-Jahre des 20., vor allem aber die 10er-Jahre des 21. Jahrhunderts bestimmt von der Dominanz des Internets als dem eigentlichen und neuen öffentlichen Raum, welches der Gesellschaft die Etablierung gänzlich anderer Spiel- und Verhaltensegeln verhieß und der Demokratisierung dieses Raumes Vorschub leisten sollte, ist der physische Raum plötzlich wieder zurück. Allerdings wäre es falsch, zu behaupten, es hätte sich an diesem nichts geändert. Die digitale Welt hat deutlich ihre Spuren hinterlassen, sich dem physischen Raum im wahrsten Sinn des Wortes eingeschrieben. (mehr …)