Kunst im öffentlichen Raum

„KÖR Kärnten“: online erleben / doživimo na spletu

Erschienen in der BRÜCKE Nr. 44 Kunst im öffentlichen Raum,
also von öffentlichem Interesse,
ist für jede:n sichtbar und geschieht
allgegenwärtig, zuweilen auch dort,
wo sie am wenigsten erwartet wird. Sie
ermöglicht, kreative Ausdrucksformen
jenseits traditioneller Rahmenbedingungen,
zufällig sowie bewusst als auch unbewusst
wahrzunehmen. Diese Kunstform erreicht
Menschen im Alltag und spricht nicht nur
ein kunstinteressiertes Publikum an.
Der öffentliche Raum war seit jeher ein
Ort für die Errichtung von Denkmälern
und Gedenkstätten – ein Raum, der Erinnerung,
Kunst, Tradition, Geschichte,
Mythologie und Politik miteinander verknüpft.
Historisch gesehen dienten imposante
Denkmäler oder Statuen, die öffentliche
Plätze oder Parkanlagen zieren, oft
als Instrument zur Vermittlung von Macht
und Herrschaft.
Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff
des öffentlichen Raumes gedehnt und
lässt sich nicht mehr rein geografisch
definieren. Er umfasst physische und
virtuelle Bereiche und unterscheidet sich
vom privaten Raum durch seine freie
Zugänglichkeit für alle. Er fungiert als
Schauplatz für soziale Interaktionen,
wirtschaftliche Aktivitäten, politische
Debatten und kulturelle Interventionen.
Es ist unabdingbar, den öffentlichen
Raum kontinuierlich sensibel und kritisch
zu betrachten, da er einer ständigen
Mutation unterliegt, zuletzt auch durch
den Wandel der Bedürfnisse und Vorstellungen
der Gesellschaft. Vor allem soziale
und politische Themen rücken immer
stärker in den Vordergrund der künstlerischen
Praxis. Partizipation gewinnt
dabei an Bedeutung: Die Öffentlichkeit
wird durch Interviews,
Workshops und Umfragen zunehmend
in den künstlerischen Prozess
miteinbezogen. Solche Ansätze stärken
das Gemeinschaftsgefühl und ermöglichen
eine aktive Auseinandersetzung mit
der Umgebung, was zu einer Diversifizierung
der Kunstform führt. Diese Entwicklung
bricht mit traditionellen Vorstellungen
von Kunst, die nicht nur
betrachtet, sondern auch mitgestaltet
werden darf und soll. Dadurch entsteht
ein dynamisches Zusammenspiel zwischen
Kunst, Kunstschaffenden und der
Gemeinschaft.
Die Beschäftigung mit dem öffentlichem
Raum ist ein bewusster Prozess, den
Künstler:innen wählen, um aus dem musealen
Kontext herauszutreten und/oder sich
gezielt in einem öffentlichen Raum auszudrücken.
Dieser Schritt initiiert einen nicht
beeinflussbaren, aber dennoch intendierten
Dialog zwischen Kunstwerk und
Betrachter:in. Dabei wird die Entscheidung,
Kunst aktiv (gewollt und innerhalb eines
bestimmten Zeitrahmens) zu konsumieren,
dem Publikum abgenommen. Hinter dem
Konzept der Zugangserleichterungen steht
die Absicht, eine Sensibilisierung für
künstlerische Phänomene zu schaffen und
die Interaktion zwischen Kunst und Publikum
zu fördern. Die Integration von Kunst
in den Alltag schafft eine Brücke, welche
die Wertschätzung und den Zugang zur
Kunst erleichtert und intensiviert.
Kunst im öffentlichen Raum ist mehr
als nur eine ästhetische Bereicherung für
ländliche oder urbane Räume. Sie ist ein
vielschichtiger Prozess, welcher die Ästhetik
der Umgebung, das soziale Miteinander
und die Identität einer Gesellschaft maßgeblich
prägt. Künstlerische Arbeiten
reflektieren Besonderheiten des öffentlichen
Raumes und integrieren diese in ihr
Schaffen.
Im Jahr 2017 entstand auf Initiative des
Kulturgremiums in Kärnten die Webseite
„KÖR Kärnten – Kunst im öffentlichen
Raum“. Diese Plattform bietet ein umfassendes
Archiv an Projekten, die nach 1945
im oder für den öffentlichen Raum entstanden
und/oder generiert wurden. Sie
fördert das Bewusstsein für die Vielfalt
öffentlicher Kunst, einschließlich Skulpturen,
Architektur, Installationen, Interventionen,
Partizipationen und Performances
usw. Durch die Dokumentation dieser
Projekte wird die Geschichte der KÖRInitiativen
in Kärnten festgehalten und
ein Dialog über den gesellschaftlichen
Wert angestoßen. Während viele öffentliche
Kunst als Bereicherung und Inspiration
schätzen, empfinden andere sie als
„aufdringlich“ oder provokant. Ihre Wirkung
und Präsenz konfrontiert, regt zur
Reflexion an. Die Homepage „KÖR Kärnten“
erhöht die Sichtbarkeit der Kunst im
öffentlichen Raum Kärntens und lädt dazu
ein, über ihre Bedeutung nachzudenken.
Neben der Dokumentation bestehender
Kunstprojekte bestärkt „KÖR Kärnten“
neue Initiativen. Sie bewahrt neben permanent
installierten Kunstwerken auch
temporäre künstlerische Interventionen
und Projekte sowie Aktionen von kurzer
Dauer. Auf diese Weise wird allen künstlerischen
Ausdrucksformen im öffentlichen
Raum ein Platz für die „Ewigkeit“
gegeben.

Die „KÖR Kärnten“-Webseite kann
ebenso als eine interaktive Landkarte
verstanden werden, über die künstlerische
Interventionen entdeckt werden
können. Sie ist eine wertvolle Orientierungshilfe
und Inspirationsquelle für
Kunstprojekte, Künstler:innen, Wettbewerbe
im Bereich „Kunst am Bau“, Förderrichtlinien
und aktuelle Diskurse.
Zudem ist die Webseite offen für Anregungen
zur Weiterentwicklung und informiert
die interessierte Community regelmäßig
über Neuigkeiten aus der Welt der
Kunst im öffentlichen Raum. Durch ihr
Engagement trägt „KÖR Kärnten“ zur
Förderung der Kärntner Kunst- und Kulturlandschaft
bei und ermutigt dazu,
unsere Umgebung aus neuen Perspektiven
zu betrachten und das Potenzial von
Kunst im öffentlichen Raum immer wieder
aufs Neue zu erleben.

● Elisabeth Genser
Mitarbeiterin der Abt. 14 – Kunst und Kultur,
zuständig für den Bereich Kunst im öffentlichen
Raum und Kunst am Bau.
● Carina Lach
Mitarbeiterin der Abt. 14 – Kunst und Kultur.

Essays